Nahrungsergänzungsmittel – sinnvoll oder nicht?

Was sind Nahrungsergänzungsmittel?

Nahrungsergänzungsmittel (NEM) gelten rein rechtlich als Lebensmittel und enthalten Nährstoffe in konzentrierter Form.1,2 Sie sollen die allgemeine Ernährung des Menschen mit Mineralien, Vitaminen und anderen ernährungsphysiologisch relevanten Stoffen ergänzen.3,4 Da NEM keine Arzneimittel sind, dürfen diese keine Betäubungsmittel oder psychoaktive Substanzen enthalten. Zunehmend werden von dem Hersteller aber Stoffe in diese Produkte gemischt, welche bislang nur in Arzneimitteln verwendet wurden.3

Hersteller sind dazu angehalten, sich an die vorgegebenen Höchstmengen zu halten, welche vom Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) vorgeschrieben sind – gesetzlich verpflichtet sind sie dazu allerdings nicht. Hersteller dürfen außerdem keine gesundheitlichen Versprechungen - die sogenannten 'health claims' - auf ihre Produkte drucken. Es gibt aber eine Liste an zugelassenen Aussagen, mit denen sie für ihre Produkte werben können.5

Das Zulassungsverfahren

Europaweit gehört Deutschland zu den Ländern mit den größten Märkten für NEM.5 Jährlich gibt es mehr als 7000 Produkt-Neuzulassungen - mit steigender Tendenz.3

Da NEM aus rechtlicher Sicht als Lebensmittel eingestuft werden, müssen sie kein Zulassungsverfahren durchlaufen. Für die Einhaltung der lebensmittelrechtlichen Vorschriften ist allein der Hersteller, Händler oder Importeur verantwortlich.3 Sie kommen demzufolge ohne behördliche Prüfung auf Sicherheit, Qualität und Wirksamkeit auf den Markt.2,3

Sind Nahrungsergänzungsmittel sinnvoll?

Laut der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) nehmen 25% der Erwachsenen regelmäßig NEM zu sich.1 Gleichzeitig gibt das DGE an, dass die allgemeine Versorgung mit Nährstoffen in Deutschland im Durchschnitt gut ist.6 Allerdings sind rund 60% der Erwachsenen in Deutschland nicht ausreichend mit Vitamin D, Vitamin C und Folsäure versorgt. Zusätzlich gibt es einige Mikronährstoffe, bei denen die Versorgung im Mittel kritisch ist. Dazu zählen z.B. Calcium und Jod. Allerdings sind hier echte Mangelerscheinungen sehr selten, denn eine Unterversorgung ist kein Mangel.5

Der Körper kann Vitamine und Mineralstoffe besser über die Nahrung als über Tabletten oder andere Konzentrate aufnehmen.6 Somit scheint die Einnahme von NEM für gesunde und sich normal ernährende Menschen wirkungslos zu sein. Bei Vorerkrankungen, durch Wechselwirkungen mit Medikamenten oder bei zu hoher Dosierung können einzelne Inhaltsstoffe solcher Produkte sogar schaden.2

Darüber hinaus ist klar, dass NEM weder Krankheiten heilen, die Immunabwehrkräfte stärken, die Leistung verbessern, den Alterungsprozess verlangsamen noch Krankheitssymptome lindern können - auch wenn die Verpackungen teils mehr versprechen.4

Für wenn sind NEM dennoch sinnvoll?

NEM sollen Mangelerscheinungen vorbeugen - in erster Linie bei Menschen mit einem erhöhten Bedarf an Mikronährstoffen oder einer eingeschränkter Zufuhr.7

Wer sich ausgewogen ernährt, benötigt keine NEM. Allerdings gibt es hier Ausnahmen - so z.B. bei alten Menschen oder bei einer Schwangerschaft. Auch Veganer sollten über eine zusätzliche Zuführung von Vitamin B12 nachdenken. Bei schweißtreibenden Sportarten (mindestens 3 Stunden Sport am Tag) und sehr intensiven Belastungen empfiehlt sich ein Ausgleich mit Mineralstoffen.4,6 Auch Raucher haben einen erhöhten Vitamin C-Bedarf, da der Tabakrauch die Aufnahme des Vitamins aus dem Darm verringert.6

Viele Medikamente hemmen die Bildung und Verwertung von Mikronährstoffen im Körper. Dadurch kann z.B. Vitamin B12 schwerer aus der Nahrung aufgenommen werden.5,6 Auch adipöse Menschen haben einen gesteigerten Vitaminbedarf sowie Patienten mit Krebs oder mit einer chronischen Darmerkrankung.5,7

NEM sollten nur in Rücksprache mit einem Arzt eingenommen werden und erst, wenn durch eine ausgewogene Ernährung der Mangel nicht ausgeglichen werden kann. Es profitieren demzufolge nur Menschen von NEM, welche tatsächlich einen Mangel haben.4

Nachteile & Risiken

Aufgrund vielversprechender Werbeaussagen sind Verbraucher verunsichert und werden dazu verleitet solche Produkte zu kaufen. Dabei unterschätzen sie mögliche Risiken, die von einer Überdosierung ausgehen können.2,5

NEM haben häufig falsch deklarierte Gehalte, enthalten nicht zugelassene Stoffe oder kommen mit falschen Werbeversprechen daher.4 Außerdem gibt es zu wenig Daten über die langfristige Sicherheit von NEM. Nicht einmal die optimale Dosierung solcher Produkte ist bekannt.7 Es zeigte sich sogar in Untersuchungen, dass über die Hälfte der verkauften NEM die Höchstmengen des BfR überschreiten - zum Teil um bis zu 700%.4,5

Mögliche Risiken, die mit einer Überdosierung einhergehen, zeigten Studien: Eine Überdosierung an Magnesium verursacht z.B. Bauchschmerzen und Durchfall. Wird Vitamin D in zu hohen Mengen aufgenommen, gibt es schon ernstere Folgen - Atherosklerose, Nierensteine und irreversible Nierenschäden. Eine Überversorgung an B-Vitaminen kann bei Männern zu einem erhöhten Lungenkrebs-Risiko führen. Vitamin E steht im Verdacht, das Risiko für Prostata-Krebs zu erhöhen. Bei einer zu hohen Zufuhr von Calcium wächst die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten eines Herzinfarkts.4

 

Einzelnachweise:

1 https://www.lebensmittelverband.de/de/aktuell/20210407-weltgesundheitstag-fuer-wen-sind-nahrungsergaenzungsmittel-sinnvoll

https://www.verbraucherzentrale.de/aktuelle-meldungen/lebensmittel/endlich-klartext-bei-nahrungsergaenzungsmitteln-13409

https://www.verbraucherzentrale.de/wissen/projekt-klartext-nahrungsergaenzung/informationen/rechtliches/allgemeine-rechtliche-aspekte-zu-nahrungsergaenzungsmitteln-13248

https://www.spektrum.de/news/nahrungsergaenzungsmittel-koennen-gefaehrlich-sein/1764777

https://www.quarks.de/gesundheit/ernaehrung/nahrungsergaenzungsmittel-was-wir-darueber-wissen-sollten/

https://www.apotheken-umschau.de/gesund-bleiben/ernaehrung/wann-vitaminpillen-sinnvoll-sind-722153.html

https://www.aerztezeitung.de/Medizin/Nahrungsergaenzungsmittel-sinnvoll-oder-Unsinn-308375.html

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