Sind Süßstoffe wirklich gefährlich?

Was sind Süßungsmittel?

Wer seine Mahlzeiten ausschließlich mit frischen Lebensmitteln zubereitet, wird ihnen eher selten begegnen. Wer hingegen auf Fertig- oder Diätprodukte zurückgreift, wird ihnen wahrscheinlich schon häufiger aufgefallen sein: E-Nummern, hinter denen sich nach geltenden EU-Vorschriften zugelassene Lebensmittelzusatzstoffe verbergen. Ein Teil dieser Zusatzstoffe sind Süßungsmittel. Unter diesem Begriff werden Süßstoffe und Zuckeraustauschstoffe zusammengefasst.1

Süßstoffe haben eine um vielfaches höhere Süßkraft als Zucker und können somit in wesentlich geringeren Mengen einem Lebensmittel zugeführt werden, ohne dass dieses weniger süß ist. Sie besitzen nahezu keine Kalorien.2 Allerdings ist ihr Einsatz auf bestimmt Produkte begrenzt. Sie dürfen beispielsweise nicht in Säuglingsnahrung oder in Bio-Produkten verwendet werden. Bekannte Süßstoffe sind Aspartam (E 951), Cyclamat (E 952) und Sucralose (E 955).1

Zuckeraustauschstoffe besitzen einen höheren Kaloriengehalt als Süßstoffe und haben in etwa die gleiche Süßkraft wie Zucker.2 Bei dieser Art von Zusatzstoffen handelt es sich um Zuckeralkohole, wie Xylit (E 967), Sorbit (E 420) oder Erythrit (E 968).1 Sie weisen eine ähnliche Struktur wie Zucker auf und lassen sich auch wie dieser verarbeiten.2

Warum werden Süßstoffe überhaupt in Lebensmitteln eingesetzt?

Viele Menschen nehmen infolge ihrer Ernährungsweise viel zu viel Zucker zu sich. Vor allem gesüßte Getränke, wie Limonaden oder Eistees, besitzen einen hohen Zuckergehalt. Bei regelmäßigem hohen Zuckerkonsum kann es beispielsweise zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder zur Entwicklung einer Typ-2-Diabetes kommen. Um diese negativen Auswirkungen des Zuckerkonsums zu minimieren, erscheint es sinnvoll, den süßen Geschmack in Lebensmitteln durch andere Stoffe zu ersetzen. Aufgrund ihres geringen physiologischen Brennwertes eignen sich Süßstoffe, um die Energiezufuhr mit der Nahrung zu reduzieren und somit die Gefahr für Übergewicht und dessen Folgeerkrankungen zu minimieren.3

Wer entscheidet, was für Süßstoffe in Deutschland zugelassen sind?

In Deutschland erlaubte Süßstoffe sind wie alle Lebensmittelzusatzstoffe EU-weit zugelassen. Die Zulassung erteilt die Europäische Kommission basierend auf den wissenschaftlichen Untersuchungen der europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA).2 Die EFSA nimmt eine gesundheitliche Bewertung von Süßstoffen vor und ermittelt die akzeptable tägliche Aufnahmemenge (ADI) jeder Substanz.

Der ADI-Wert beschreibt diejenige Dosis eines Stoffs, die täglich von einem Menschen im Verlauf seines Lebens aufgenommen werden kann, ohne dass dabei Nebenwirkungen auftreten. Als Grundlage für die Ermittlung des ADI-Wertes dienen Tierexperimente. In diesen werden über einen längeren Zeitraum hohe Dosen eines Süßstoffs den Tieren verabreicht.  Diese wissenschaftlichen Untersuchungen werden auch nach der Zulassung eine Zusatzstoffes fortgeführt.3

Sind Süßstoffe gesundheitlich wirklich so unbedenklich?

Obwohl Süßstoffe nahezu keine Kalorien aufweisen und somit zu einer verringerten Energiezufuhr beitragen, stehen sie im Verdacht den Stoffwechsel zu beeinflussen sowie die Entstehung von Übergewicht und dessen Folgeerkrankungen zu begünstigen.4 Wie kann das sein?

Bisher war die Forschung davon ausgegangen, dass Süßstoffe aufgrund ihres sehr niedrigen physiologischen Brennwerts keinen Einfluss auf den Energiehaushalt haben. Jedoch zeigen neuere Untersuchungen, dass Süßstoffe sowohl einen Einfluss auf das Hungergefühl aufweisen als auch eine veränderte Zusammensetzung der Darmflora hervorrufen können. 

These 1: Süßstoffe wirken appetitanregend

Schon seit einiger Zeit wird Süßstoffen eine appetitanregende Wirkung nachgesagt. Allerdings fehlen noch immer Studien, die diesen Verdacht eindeutig belegen. Es gibt jedoch zwei Ansätze, die diese Wirkung von Süßstoffen erklären könnten:

Wenn der menschliche Organismus über die Nahrung Zucker zu sich nimmt, steigt der Blutzuckerspiegel an. Gleichzeitig wird Insulin ausgeschüttet. Dieses Hormon ist verantwortlich für die Absenkung des Blutzuckerspiegels. Werden dem Körper Süßstoffe zugeführt, kommt es auch zur Wahrnehmung 'süß' auf der Zunge. Nach der ersten Theorie wird durch diese haptische Wahrnehmung ebenfalls die Insulinproduktion angeregt, obwohl Süßstoffe im Gegensatz zu Zucker nicht den Blutzuckerspiegel ansteigen lassen. Das ausgeschüttete Insulin lässt daraufhin den Blutzuckerspiegel absinken. In der Folge tritt ein gesteigerter Appetit auf.3, 5 

Die zweite Theorie für die Erklärung der appetitanregenden Wirkung von Süßstoffen stützt sich auf das Belohnungssystems des Gehirns. Der Verzehr von Zucker wirkt stimmungsaufhellend, da dabei das körpereigene Glückshormon Serotonin ausgeschüttet wird. Mit der Aufnahme von Süßstoffen wird der Organismus sozusagen um diese stimmungsaufhellende Wirkung betrogen, was ebenfalls zu einem gesteigerten Hungergefühl führen kann.6

Eine Steigerung des Appetits und die damit verbundenen mögliche Aufnahme hyperkalorischer Nahrung kann zu Übergewicht und dessen Folgeerkrankungen, wie Diabetes-Typ-2 oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen führen.

These 2: Süßstoffe führen zu einer veränderten Zusammensetzung der Darmflora

Bisher wurde angenommen, dass Süßstoffe nicht verstoffwechselt werden und somit weitgehend unverändert den Magen-Darm-Trakt passieren.7 Diese Annahme wird jedoch in aktuellen Studien scheinbar widerlegt. In diesen zeigt sich ein Einfluss von Süßstoffen auf die Stoffwechselaktivität des Darms, welche durch eine veränderte Bakterien-Zusammensetzung verursacht wird.8

Süßstoffe sollen demnach ausgerechnet die Vermehrung von Darmbakterien anregen, die für den Abbau von Kohlenhydraten in Glucose verantwortlich sind. Beim regelmäßigen Verzehr süßstoffhaltiger Lebensmittel wird aufgrund der erhöhten Anzahl dieser Darmbakterien mehr Energie, also Glucose, aus der Nahrung gewonnen. Die Glucose gelangt anschließend über den Darm in den Blutkreislauf - der Blutzuckerspiegel steigt.6

Durch den regelmäßigen Verzehr süßstoffhaltiger Produkte und dem damit verbundenen erhöhten Blutzuckerspiegel9, kann auch eine Glucose-Intoleranz begünstigt werden.6 Als Glucose-Toleranz wird der Anstieg des Blutzuckerspiegels nach der Aufnahme von Glucose ins Blut bezeichnet. Bei intakter Regulation durch das Hormon Insulin wird ein bestimmter Grenzwert des Blutzuckerspiegels nicht überschritten. Ist diese Regulation gestört, spricht man von einer Glucose-Intoleranz.5 Diese Fehlregulation des Körpers ist somit ein wichtiger Vorbote für die Entstehung von Typ-2-Diabetes und Übergewicht.7, 9 Stimmt die Theorie, dass Süßstoffe eine Glucose-Intoleranz begünstigen, gibt es keinen Unterschied zwischen der Wirkung  von normalen Zucker und Süßstoffen auf den menschlichen Organismus.6

Gibt es einen Zusammenhang zwischen dem Konsum von Süßstoffen und der Entstehung von Krebs?

In der Vergangenheit tauchte immer wieder der Verdacht auf, dass Süßstoffe verschiedene Arten von Krebs verursachen können. Allerdings wurde bisher kein eindeutiger Nachweis für diese Behauptung erbracht. Auch für eine eingeschränkte Nierentätigkeit, Epilepsie oder Allergien konnten bisher keine eindeutigen Beweise gefunden werden.2, 3, 5, 6, 7

Fazit

Süßstoffe sind zwar sehr süß, geschmacklich ersetzen können sie Zucker allerdings nicht, denn sie besitzen meist einen metallischen oder bitteren Nachgeschmack. Außerdem eignen sie sich nur für eine begrenzte Anzahl an Verwendungsmöglichkeiten. Da sie schon in sehr geringen Mengen zu der gewünschten Süße führen, fehlt vor allem Backwaren das nötige Volumen, um zu gelingen. Aus diesem Grund werden Süßstoffe häufig in Limonaden verwendet. 

Süßstoffe werden als die gesunde Alternative für Zucker angepriesen, da sie Übergewicht und dessen Folgeerkrankungen reduzieren sollen. Es liegen allerdings keine Beweise vor, dass Übergewichtige durch den Ersatz von Zucker mit Süßstoffen ihr Gewicht besser unter Kontrolle haben.4

Süßstoffe weisen scheinbar eine appetitanregende Wirkung auf. Nicht umsonst werden sie in der Masttierhaltung eingesetzt, um ein schnelleres Wachstum der Nutztiere zu bewirken.6 Laut neueren Studien sollen Süßstoffe außerdem eine veränderte Stoffwechselaktivität des Darms bewirken, was ebenfalls die Entstehung von Übergewicht sowie Typ-2-Diabetes begünstigen kann.

Mit Süßstoff gesüßte Produkte sind meist sehr süß und bedingen eine Süßgewöhnung. Das bedeutet, das Geschmacksempfinden gewöhnt sich an die starke Süße und empfindet natürlich süße und frische Lebensmittel wie Obst als unzureichend süß. Dieser Umstand macht den Weg frei für die hauptsächliche Verwendung von Fertigprodukten im eigenen Speiseplan.

Kinder sollten Süßstoffe nur in einem sehr geringen Maße zu sich nehmen, da die von der EU festgelegten ADI-Werte für Erwachsene ausgelegt sind. Kinder sind außerdem empfänglicher für den süßen Geschmack. Sie werden bei regelmäßigem Verzehr von Süßstoffen auf die künstliche Süße geprägt, was ihnen den Umgang mit natürlichen Lebensmitteln in ihrem weiteren Leben erschwert. Perspektivisch kann dies zu einer ungesunden Ernährungsweise und daraus folgenden Erkrankungen führen.

 

Einzelnachweise:

  1. https://www.onmeda.de/magazin/suessstoffe_das_sollten_sie_wissen.html
  2. https://www.krebsinformationsdienst.de/vorbeugung/risiken/lebensmittelzusatzstoffe.php
  3. https://www.dge.de/wissenschaft/weitere-publikationen/fachinformationen/suessstoffe-in-der-ernaehrung/
  4. https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/76974/Kuenstliche-Suessungsmittel-Bisherige-Studien-zeigen-eher-Nachteile-fuer-die-Gesundheit
  5. https://www.welt.de/gesundheit/article132461820/Suessstoffe-erhoehen-offenbar-das-Risiko-fuer-Diabetes.html
  6. https://projekte.meine-verbraucherzentrale.de/DE-BY/welcher-suessstoff-ist-besonders-nierenschaedigend-
  7. https://www.aerztezeitung.de/medizin/krankheiten/diabetes/article/869656/diabetes-versteckte-gefahr-suessstoffen.html
  8. http://www.nature.com/nature/journal/vaop/ncurrent/full/nature13793.html
  9. https://www.deutschlandfunkkultur.de/diabetesrisiko-vorsicht-vor-suessstoffen.993.de.html?dram:article_id=410424

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